Ayurveda Therapie
- Kerstin Tscherpel
- 13. Juni 2022
- 4 Min. Lesezeit
Ich hatte ja bereits zuvor schon den Hinweis bekommen, dass die ayurvedische Behandlung nicht unter Wellness läuft. Trotzdem bin ich mit Vorfreude zu meiner ersten Behandlung. Immerhin war klar, dass zur Behandlung eine Ganzkörpermassage gehört und die kann doch gar nicht unangenehm sein, dachte ich.
Ich betrete also das Haus und werde darauf hingewiesen, erst einmal die Bezahlung der Behandlung vorzunehmen. In Indien passiert fast nichts ohne Vorabbezahlung. Das ist für uns Deutsche erst mal unüblich, sind wir es doch gewöhnt, nach erbrachter Leistung zu bezahlen.
Danach wird mein Behandlungszimmer vorbereitet und ich sitze so lange in dem kleinen, dunklen Wartezimmer unter dem Ventilator. Ganz sicher bin ich nicht, was mich erwartet. Die Behandlungen auf meinem Rezept heißen Pizhichil, Kizhi und Vasti. Das sagt mir natürlich alles nichts. Laut Prospekt ist Pizhichil die Ganzkörpermassage mit heißem, medizinischen Öl. Die anderen beiden konnte ich aus dem Prospekt nicht rauslesen. Mal sehen was mich gleich erwartet.
Schließlich werde ich in das kleine, dunkle Behandlungszimmer gebeten. Der Raum wird fast vollständig von der Massageliege aus Holz eingenommen. Daneben befindet sich ein schmaler Tisch mit einem Gaskocher, zum Erhitzen des Öls. Ich werde aufgefordert mich zu entkleiden und auf der Holzliege Platz zu nehmen. Diese ist von einem 10 cm hohen Rand umgeben, um das viele Öl aufzufangen, das bei den ayurvedischen Therapien zum Einsatz kommt. Ich werde von zwei Frauen behandelt, die grüne Kittel mit Schürzen tragen und ihr langes, schwarzes Haar zu Zöpfen geflochten haben. Beide tragen einen roten Punkt auf der Stirn, sind deutlich kleiner als ich, wirken aber kräftig und freundlich.
Meine Behandlung beginnt mit einer kleinen Menge Öl, die mir in der Mitte des Kopfes eingerieben wird. Dann wird der Kopf mit schnelle Bewegungen massiert, so ähnlich als würde man sich die Haare raufen. Das fühlt sich sehr belebend an und ich genieße die Prozedur. Nun wird mein Gesicht mit schnellen Bewegungen und viel Öl massiert. Danach bekomme ich eine würzig riechende, kühle Kräutermaske im Gesicht aufgetragen. Das ist sehr schön.
Im Sitzen wird der Rücken mit dem heißen Öl behandelt. Erst werden Tücher, die in das heiße Öl getunkt werden auf dem Rücken ausgedrückt und der Rücken damit abgerieben und dann etwas einmassiert. Schließlich darf ich mich hinlegen und diese Prozedur wird am ganzen Körper weitergeführt. Das Öl ist so heiß, dass es gerade noch geht. Obwohl es in Delhi über 40 Grad Celsius warm ist und man permanent schwitzt, empfinde ich die heiße Ölabreibung äußerst wohltuend. Mein Körper saugt die Hitze regelrecht auf, was mich verwundert, aber vielleicht ist das ja mit meinem aus dem Gleichgewicht gekommenen Pitta zu erklären. Die Ölabreibung und Massage findet durch beide Therapeutinnen synchron statt. Ab und zu unterhalten sie sich leise auf Hindi während ein Lied, das Shiva preist, in Dauerschleife läuft wie der Ventilator an der Decke. Irgendwann kommt zwischendrin die Ärztin herein und fragt nach meinem Befinden. Sie weist mich darauf hin, dass ich den Therapeutinnen sagen soll, wo meine Beschwerden liegen und fragt zum Abschluss noch, ob ich auch eine Behandlung zur Gewichtsreduktion möchte. Da das ja nicht schaden kann, stimme ich zu. Mein Körper wird mit dem Öl durchgewalkt wie ein Stück Teig. Integriert ist eine kurze Übung, in der ich die Beine mehrmals abwinkeln soll, was nach dem langen gestreckten Daliegen, gut tut. Danach werde ich mit Kräuterpulver eingerieben. Das ist wie ein belebendes Peeling. Das Pulver soll wohl zur Gewichtsreduktion dienen. Jetzt fühl ich mich ein bisschen wie ein paniertes Schnitzel, fehlt nur noch das ausbraten. Tatsächlich schließt sich an die Behandlung noch ein heißes Dampfbad an. Völlig entspannt, voller Öl und Kräuterpuder komme ich in den Behandlungsraum zurück und bin jetzt doch erschrocken als ich den großen Becher mit dem Gummischlauch daran sehe. Mir schwant nichts Gutes als ich mich nochmal in seitlicher Position auf die Liege legen soll. Die Therapeutin gibt kurze Anweisungen auf Englisch und eh ich mich versehe, habe ich einen Schlauch im Hintern und mir werden zwei Liter heißes Wasser in den Darm eingefüllt. Das ist ein seltsames Gefühl. Aber nicht so unangenehm wie ich befürchtet habe. Jetzt soll ich meinen Darm auf der Toilette entleeren. Etwas mitgenommen komme ich wieder ins Behandlungszimmer und frage, ob ich jetzt duschen dürfe. Mit der Erklärung, dass das ja alles Medizin sei, werde ich darauf hingewiesen, dass ich damit noch zwei Stunden warten muss. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als mich so ölig und pudrig, wie ich bin, anzuziehen und auf den Heimweg zu machen. Zum Abschluss bekomme ich noch etwas Kräuterpuder auf die Kopfmitte gerieben und an die Ohren. Ich fühle mich etwas dreckig und unpässlich. So ist es unangenehm, raus auf die Straße zu gehen. Zum Glück steht der Fahrer bereit und lässt mich gleich ins Auto einsteigen.
Zu Hause dusche ich mit Wasser wenigstens das Kräuterpulver ab und bin dann sehr müde.
Das erwartet mich jetzt 7 Sitzungen lang. Bis auf den Einlauf, der für mich doch etwas verstörend ist, war die Behandlung wohltuend. Obwohl ich zugeben muss, dass ich mich noch nie so entleert und befreit gefühlt habe, wie danach ein bisschen wie neu geboren.
Am zweiten Tag wird genauso verfahren wie am ersten nur dass ich diesmal einen Einlauf mit medizinischem Öl bekomme.
Am dritten Tag werde ich zusätzlich zur heißen Ölabreibung noch mit heißen Kräutersäcken massiert. Auch das ist wieder sehr wohltuend. Die Massage endet ungeplant in einer Candlelight Massage, weil der Strom ausfällt und damit auch mein abschließendes Dampfbad. Schade. Heute gab es zur Abwechslung mal keinen Einlauf.
Insgesamt tut mir die Behandlung gut und ich freu mich schon auf meinen morgigen Termin.

Parallel zur Behandlung des äußeren Körpers soll ich auch Kräuterelixiere zu mir nehmen.
Zweimal täglich morgens und abends. Insgesamt vier Elixiere und zwei Kapseln. Zwei Elixiere vor dem Essen auf nüchternen Magen und zwei nach den Mahlzeiten. Die Kräuterauszüge vor den Mahlzeiten sind wirklich eklig. Sie werden mit etwas lauwarmen Wasser getrunken. Das eine ist nur eklig und das zweite ist maximal widerlich. Es schmeckt furchtbar bitter und ich muss mir schon sehr die positive Wirkung vor Augen halten, um es runterzuwürgen. Die Kräuterauszüge nach den Mahlzeiten schmecken ein bisschen wie Kräuterschnäpse. Das mag ich zwar auch nicht, aber auf ex geht es schon.
Diese ayurvedischen Kräuterelixiere scheinen nach dem Motto zu funktionieren: „Wenn die Medizin helfen soll, muss sie eklig schmecken!“ Wenn das zutrifft, muss das bittere Elixier super gesund sein. Also verspreche ich mir einen wahren Gesundheitsboost davon. Bislang habe ich aber noch nichts Bemerkenswertes feststellen können. Ich nehme es aber auch erst ein paar Tage und die Kräuterelixiere sind auf 20 Tage ausgelegt. Also bleibe ich weiter gespannt und beobachte mein Empfinden.
😂