Indiens Selbstinszenierung
- Kerstin Tscherpel
- 15. Aug. 2021
- 2 Min. Lesezeit
„IncredibleIndia“ heißt Indiens Werbeinitiative, um den Tourismus anzukurbeln. Ein Video, das die unglaubliche Vielfalt Indiens vorstellt, untermalt mit dem Song von Lenka „Everything at Once“, hat mich sofort in seinen Bann gezogen und begeistert. Der Wunsch die Orte im Video zu besuchen, begleitet mich seitdem. https://youtu.be/rIhSijtYCAc
Indien kann nicht nur sich selbst beeindruckend inszenieren, sondern auch Feste wie Hochzeiten.
Vor ein paar Tagen drang abends ein unglaublicher Tumult nach oben in unser Zimmer. Mehrere indische dhol Trommler marschierten vor dem Haupteingang auf und veranstalteten einen Lärm, der sogar das permanente Huporchester übertönte. Kurz darauf fuhr eine prunkvoll geschmückte Pferdekutsche mit Schimmeln vor. Überall wimmelte es von Leuten. Einige trugen bunte Schirme, die nach unten Licht abstrahlen, mehrere Fotografen drängten sich um die ankommende Kutsche mit ihren Passagieren. Lauter festlich gekleidete Inder, die Frauen in prachtvollen Saris, begrüßten die Ankommenden und reichten Essen auf Tabletts. Es war so ein Aufstand, dass ich dachte der Premierminister persönlich sei für den Unabhängigkeitstag angereist oder ein berühmter indischer Schauspieler würde das Hotel besuchen.
Erst am nächsten Tag hab‘ ich dann erfahren, dass es sich „nur“ um eine Hochzeit gehandelt hat.
Im Bild unten erhält man einen kleinen Eindruck:

Schlussendlich inszenieren sich Inder auch gern selbst. Der Infinitypool auf dem Dach unseres Hotels, scheint ein Highlight zu sein. Jeden Tag kann man hier oben Inder beobachten, die regelrechte Fotoshootings machen. Sie stellen sich im Pool in Pose und lassen mehrere Fotos von sich machen. Besonders beliebt ist der weiße Blumentopf vor der goldgeschmückten Wand als Hintergrund. Das kann dann schon mal 20 Minuten dauern und stört das Schwimmen im Pool leider auch.

Überhaupt scheinen sich Inder, vor allem die Inderinnen, gern selbst in Szene zu setzen und dies mit Selfies festzuhalten.
Gestern waren wir in einer Mall und meine Tochter wurde von einer jungen Inderin gefragt, ob sie ein Foto mit ihr machen dürfte. Also hat meine Tochter mit der netten Inderin zwei Selfies machen lassen. Ich muss zugeben, dass ich das so befremdlich und kurios fand, dass ich die ganze Zeit darauf gewartet habe, dass sie womöglich Geld für die Fotos von uns möchte. Immerhin sind wir hier in der Millionenstadt Delhi und blonde Haare dürften doch eigentlich nicht so besonders sein. Sie wollte aber kein Geld, also waren es wohl doch die blonden Haare, die das Selfie wert waren.
Zumindest kann ich jetzt nachvollziehen, warum im Reiseführer die Bemerkung stand, dass an vielen Sehenswürdigkeiten Selfies verboten sind. Bei dem Selfiewahn der Inder kann ich mir schon vorstellen, dass das problematisch werden kann.
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