Der Manali-Leh Highway gilt als eine der gefährlichsten Straßen in Indien. Er verbindet die Stadt Manali im Bundesstaat Himachal Pradesh mit der Stadt Leh im Unionsterritorium Ladakh. Auf 427 km Strecke sind drei Pässe über 5000 Meter zu überqueren.
Für diese Fahrt haben wir uns für einen allradgetriebenen Toyota Fortuner entschieden, in der Annahme, dass die Straße wie beschrieben nicht so gut ausgebaut ist. Schließlich wollen wir nicht nochmal stundenlang durchgerüttelt werden, wie auf der Strecke ins Spiti-Valley.
Es stellt sich heraus, dass die Straße weitestgehend asphaltiert ist. Sie ist einspurig ausgebaut. Beide Spuren sind aber so breit, dass das Überholen der endlosen Militärkonvois möglich ist. Im Vergleich zur Schotterpiste ins Spiti Tal kommt mir der Manali-Leh-Highway regelrecht luxuriös vor. Warum die Strecke als so gefährlich gilt, erschließt sich mir nicht. Es gibt nur kurze Strecken auf Schotterpisten, einmal fahren wir durch einen kleinen Flusslauf, alles halb so wild. Die Strecke ins Spiti Tal hat uns abgehärtet.
Die Pässe, die wir überqueren sind mit bunten Gebetsfahnen geschmückt. Die Luft ist dünn. Die Lunge erscheint zu klein, um genügend Luft einatmen zu können. Ich fühle mich kurzatmig und erschöpft und gönne mir ein paar Züge aus den kleinen Sauerstoffflaschen, die wir vorsorglich eingepackt haben. Unser Blutsauerstoffgehalt liegt im besten Fall bei knapp über 90 Prozent oft aber auch darunter. Aus Neugierde lasse ich auch den Fahrer messen. Er hat einen Blutsauerstoffgehalt von 65 Prozent. Ich bin schockiert! Jetzt mache ich mir doch Sorgen, ob er fit genug ist, uns Heil nach Leh zu bringen. Obwohl er viel fitter wirkt als ich mich fühle, was ich mir überhaupt nicht erklären kann.
Wir überholen zwei Fahrradfahrerinnen, die wir bereits im Spiti Tal gesehen haben. Diese Strecke mit dem Fahrrad zu bewältigen, finde ich ganz schön mutig. Auf der einzigen Straße wird man als Radfahrer quasi permanent von Autos, Lastern und Bussen überholt und das mit relativ wenig Abstand. Schließlich ist die Straße nicht so breit.
Nach dem letzten Pass fahren wir eine endlose einsame Straße auf einer kargen Hochebene auf etwa 5000 Meter Höhe. Das Dach der Welt ist links und rechts von Bergen umgeben. Man sieht kein Lebewesen mehr, nicht mal mehr Pflanzen. Es ist leblos und staubig. Die Sonne strahlt auf die schneebedeckten Gipfel und der Himmel ist surreal blau. Alles erscheint sehr unwirklich, so als würde man sich auf einem fremden Planeten befinden. Das einzige Zeichen der Zivilisation ist die schnurgerade Straße. Ich hatte schroffe graue Berghänge erwartet, aber nicht diese staubige, braune Einöde, die mit ihren Farbkontrasten eine ganz besondere Faszination birgt.
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