Hier in Dharamkot ist das Leben noch sehr ursprünglich. Die Menschen leben in einfachen Häusern, die aus dem Gestein des Himalayas gebaut sind.

Die Dächer sind entweder aus dem heimischen Schiefergestein oder aus farbigem Blechen in türkis oder rot. Die Böden sind oft nur festgestampfte Erde. Nutztiere, wie Ziegen, werden unten im Haus gehalten, so dass die Tiere das Haus mit wärmen. Natürlich sind die Häuser nicht isoliert. Jedes Haus besitzt einen kleinen Gemüsegarten und da das Wasser als Quellwasser frisch vom Himalaya kommt, werden einfach Schläuche zu den Häusern gelegt.
Genauso werden auch die Stromkabel kreuz und quer gespannt, so dass das für deutsche Verhältnisse alles sehr improvisiert und chaotisch wirkt. Trotzdem funktioniert es am Ende und man hat sogar oben auf dem Berg gutes WLAN.
Dieses ursprüngliche Leben ist die Parallelwelt, die neben der Hippie-Community hier existiert.
Beides zusammen führt dazu, dass Dharamkot der geeignete Ort ist, um sich treiben zu lassen und sich etwas downzugraden.
Mein Kleiner hat sich schon angepasst und duscht auf die indische Variante mit Eimer und Schöpfbecher. Er sitz auf einem kleinen Schemel und begießt sich eifrig mit warmem Wasser.

Auch ich merke, wie gut mir dieses Nichtstun tut. Selbst die Waschmaschine trägt zur Entschleunigung bei, da sie offenbar nach dem indischen Zeitverständnis operiert. Ich stelle den Waschgang, der auf eine Stunde und 10 Minuten ausgelegt ist um 12:00 Uhr an. Während ich warte, gönne ich mir einen Chai und sitze auf der Terrasse. Um Viertel nach Eins begebe ich mich wieder hinunter und bin doch etwas erstaunt, dass die Maschine noch verbleibende 19 Minuten anzeigt, da ja bereits mehr als 70 Minuten vergangen sind. Also bleibt genug Zeit für einen weiteren Chai. Eine halbe Stunde später zeigt die Maschine immer noch verbleibende neun. Daher vertreibe ich mir die restliche Wartezeit abermals mit einem Chai. Endlich um 14:00 Uhr nach 3 Chai und viel Wartezeit, um seinen Gedanken nachzuhängen, ist das Programm zu Ende gelaufen. Gut, dass ich genügend Chai und Muße hatte.
Meine Freundin Veda lebt schon länger ein derart minimalistisches Leben. Ohne festen Wohnsitz in Indien ist sie im Sommer mit ihrem Mann in Dharamkot zu finden und im Winter in Goa. So machen das hier die meisten Hippies aus der Community.
Demzufolge besitzt sie keine Möbel nur mehrere Musikinstrumente. Sie haben zusammen gerade soviel, dass sie alles selber tragen können. Unten auf dem Foto sieht man ihren ganzen Besitz.

Ihre Kleidung und sonstige Habseligkeiten trägt sie in ihrem 70 Liter Rucksack mit sich herum. Für jedes neue Kleidungsstück muss ein Altes aussortiert werden. Denn die Prämisse, dass der gesamte Besitzt selbst getragen werden muss, bleibt. Diese Art Leben ist für mich der Inbegriff von Freiheit. Im Laufe des Lebens schafft man sich immer mehr Besitz an und dadurch wird man immer abhängiger und unfreier wie in dem Song von Silbermond, Leichtes Gepäck beschrieben wird:
„Eines Tages fällt dir auf
Dass du 99 Prozent nich' brauchst Du nimmst all den Ballast und schmeißt ihn weg.
Denn es reist sich besser mit leichtem Gepäck.“
Dies weckt in mir so eine tiefe Sehnsucht nach eben dieser Freiheit wie Vedas Sehnsucht nach einem festen Zuhause.
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