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Wenn Karma sechs Beine hat und im Türrahmen wohnt

  • Autorenbild: Kerstin Tscherpel
    Kerstin Tscherpel
  • 15. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit

Oder was Termiten mit meiner Idee einer Capsule Wardrobe zu tun haben.


Monsun und Insektenplagen

Wie immer überschlagen sich die Ereignisse bei unserer Rückkehr nach Indien. Während der feuchtheißen Monsunzeit wuchern nicht nur die Pflanzen auf unserer Dachterrasse, auch die Insektenpopulationen explodieren. Bei der Heimkehr finden wir mehrere Ameisenstraßen, die unsere Wohnung durchziehen. Doch damit nicht genug: Auch die Termiten haben sich prächtig entwickelt – nur bleibt das erst völlig unbemerkt.


Wenn der Türrahmen lebt

Termiten gehören hier zu den gefürchtetsten Schädlingen. Sie zerstören das Holz von innen, ohne dass man es sieht. Erst als die Tiere plötzlich aus dem Türrahmen quellen, werde ich mit ihrer Anwesenheit konfrontiert. Innerhalb von Minuten sammelt sich ein Schwarm um meine Nachttischlampe. Insekten in dieser Zahl versetzen mich in Panik. Zum Glück hat mein Mann eine pragmatische Idee: den Staubsauger. Eine Stunde dauert es, bis wir die Plage oberflächlich im Griff haben. Jetzt ist klar, das ist nur die Spitze des Eisbergs, um die Termiten auszurotten, werden wir die gesamte Wohnung behandeln müssen.


Giftwolken im Schlafzimmer

Unser Vermieter reagiert zuerst ungläubig dann fassungslos als ihm die Termiten aus dem freigelegten Türrahmen direkt ins Gesicht fliegen. Hektisch reißt er die Spritzflasche hoch und schießt die Termiten mit der unverdünnten Lösung ab. Die Insekten fallen sofort tot zu Boden und zersetzen sich schon fast, so stark ist das Gift. Doch leider führt dieser „Viel-hilft-viel-Ansatz“ auch dazu, dass sämtliche Räume nach dem fiesen Nervengift stinken und mein Schlafzimmer samt Inhalt kontaminiert ist. So ergibt es sich, dass ich meine gesamten Schränke leerräumen und alles zur Dekontamination waschen muss. Stapelweise Kleidung sammelt sich und da wird mir bewusst, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt für mein Capsule Wardrobe Projekt ist. Aber das muss warten bis wir unsere Termiten bekämpft haben.


Flucht und Alternativen

Erst mal evakuiere ich meinem Sohn und mich zu Freunden aus, um den Giftgasen zu entkommen. Währenddessen wird mir klar: So geht es nicht weiter. Ich brauche eine anderes Insektizid. Nach etwas Recherche finde ich ein akzeptables Präparat, so dass nicht auch noch der Rest unserer Wohnung völlig vergiftet wird. Trotzdem ziehen wir für die Behandlung ins Hotel um. Denn die nächsten Tage wird unserer Wohnung von morgens bis abends voller Handwerker sein. Gemütlich ist da was anderes.


Der Staubsaugerkrieger

Am nächsten Abend treffen wir uns mit unserem Vermieter zur Lagebesprechung in unserem Appartement. Kaum knipsen wir das Licht im Flur an, sammeln sich wieder fliegende Insekten. Dieses Mal schwärmen sie aus dem Zimmer meines Mannes. Der Vermieter hält angewidert Abstand und fühlt sich sichtlich unwohl. Mein Mann schlägt erneut die bewährte Staubsauger-Lösung vor. Gesagt, getan: Mit dem Gerät über dem Kopf geht er auf Termitenjagd. Unser Hausherr verabschiedet sich eilig. In geduckter Haltung, um dem Schwarm auszuweichen, flieht er aus der Wohnung.

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Verstörungen

Zum ersten Mal habe ich den Eindruck, dass wir gerade einen Inder völlig verstört haben. Für gewöhnlich fühle ich mich verstört durch die Reaktionen meiner indischen Mitmenschen, die so gar nicht zu unserer Mentalität passen.

Ich versuche die Perspektive zu wechseln und sehe meinen Mann, der wie ein germanischer Krieger in die Schlacht zieht. Nur ist der Feind eben sehr klein und eigentlich wehrlos und die Waffe ist der Staubsauger. Das ist wahrscheinlich die absurdesten Bekämpfungsstrategie, die der Vermieter je gesehen hat.

Eine Szene fast wie bei Ghostbusters nur ohne Protonenstrahler – und definitiv eine, die uns in Erinnerung bleiben wird.


Karma für die Capsule Wardrobe

So unerfreulich die Plage ist: Ohne sie hätte ich meinen Kleiderschrank sicher nicht so schnell komplett ausgeräumt.

Vielleicht sind die Termiten mein heimliches Karma, das mich zum Ausmisten zwingt, nur dass sie sechs Beine haben und ihr Wohnsitz im Türrahmen ist - oder war. Das wird sich dann nächstes Jahr im Monsun zeigen.


Was mich diese Geschichte lehrt:


  • Behalte die Kontrolle über den Einsatz von Insektiziden.

  • Staubsauger sind die beste Ersthilfe bei Schwärmen.

  • Kleiderschrank-Reset: Ein leerer Schrank ist eine Chance, die man nicht ungenutzt lassen sollte.


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